Taktik-Shooter mit Retro-Charme
In den 60er-Jahren angesiedelt, erläutert XCOM Declassified die Ursprünge der titelgebenden Organisation. William Carter, dem der Spieler über die Schulter blickt, soll eigentlich nur einen Koffer – wenn auch mit streng geheimem Inhalt – von A nach B bringen. Bizarrerweise wollen ihm plötzlich vermeintlich friedlich gesinnte Zeitgenossen ans Leder. Eigentlich als Präventivmaßnahme gegründet, um böse Kommunisten in ihre Schranken zu weisen, sieht sich die geheime XCOM-Organisation, bestehend aus Vertreter von CIA, NSA und Militär, mit einer weit schlimmeren Bedrohung konfrontiert: einer Alien-Invasion. Dennoch: Ob Russen oder extraterrestrisch – der Patriotismus des Protagonisten William Carter dreht da die Hand nicht um. Und auch wenn ihn der Verlust seiner Familie und der damit einhergehende, schier unbändige Zorn auf Gott und die Welt schon so manches Mal in die Bredouille gebracht hat, so ist er bei XCOM genau richtig. Einen Hitzkopf wie ihn braucht es in Zeiten wie diesen halt. Trotzdem bleibt die Anwesenheit der ungebetenen Gäste erst mal geheim. Man will die Menschheit schließlich nicht in Panik versetzen.Anders als im Vorgänger Enemy Unknown, hat es der Spieler hier mit einem Third-Person-Taktik-Shooter ohne Rundenbasis zu tun. Mit zwei Kollegen zieht Carter in den Kampf gegen die Widersacher aus fremden Galaxien. Deckungssystem, Echtzeit-Befehle an die KI-Kollegen, allerhand Technik-Schnickschnack – alles drin. Die Balance aus Action und Taktik kriegt Declassified erstaunlich gut hin. Per Schultertaste wird die Hitze des Gefechts verlangsamt, mittels eines parallel aufploppenden Minimenüs lassen sich Befehle an die Kollegen verteilen, die dann sogleich in Deckung gehen, das Feuer eröffnen oder einen Machtangriff beziehungsweise eine Drohne vom Stapel lassen. Ein nettes Feature: Auf dem Schlachtfeld lassen sich allerhand Alien-Items aufsammeln, die dann in der heimischen Geheimbasis mit irdischem Material gekreuzt werden. Im Lauf der Handlung werden diese daraus resultierenden Ballermänner immer noch abstruser, was außerordentlich gut zum Mashup-Novel-Setting passt. Das Design-Team hat hier ganze Arbeit geleistet, was auch für die schön oldschool-angehauchte Spielwelt gilt. Ein leichter Grieselfilter, der sich wie Nebel über die gesamte Optik legt, erledigt den Rest – auch wenn The Bureau: XCOM Declassified technisch keine Berge versetzt.
Am Feinschliff gespart
Wer eine Verschnaufpause vom harten Agentenleben einlegen will, feilt in der Basis an der Ausrüstung oder züchtet die Kollegen beziehungsweise deren rollenspielartige Attribute weiter hoch. Das funktioniert, indem man die Kameraden in automatisierte Spezialmissionen schickt. Diese sind dann zwar eine Weile nicht als Mitstreiter verfügbar, kehren aber mit verbesserten Eigenschaften heim. Zudem lässt sich im sicheren Militärhafen mit Kollegen Smalltalk führen, wodurch optionale Aufgaben aufgetan und dem Einsatz dienliche Informationen gesammelt werden. Die wirklich relevanten Infos geben dann aber doch die Aliens im gewaltsamen Verhör preis. Soweit, so gut. Das Problem an Declassified ist nur, dass der Funke nicht so richtig überspringen will. Klar, das Gameplay ist solide, technisch gibt’s bis auf die asynchronen Lippenbewegungen der Charaktere und gelegentliche KI-Aussetzer auch nichts auszusetzen. Es sind vielmehr halbgar umgesetzte Ansätze, die den Spielspaß schmälern. Ein paar Beispiele: Das Game gibt in Konversationen mehrere Antwort-Optionen, das Geschehen wird dadurch aber selten beeinflusst. Einmal schickt man seine Kollegen per Befehl um die halbe Karte, ein anderes Mal dürfen sie einem kaum von der Seite weichen. Plötzlich hat Carter Tricks wie Telekinese drauf. Warum? Das weiß wohl nicht mal 2K so genau. Diese Halbherzigkeit erstreckt sich, so scheint es, über fast alle Gameplay-Komponenten. Die fehlende Beleuchtung der eigentlich soliden Hintergrundstory sorgt außerdem dafür, dass einem die Charaktere zu keiner Zeit im Spiel so richtig ans Herz wachsen mögen.