In diesem Viertel von Boston hat dieses Geschäft Tradition, wie ein Handwerk, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. The Town zeichnet nicht nur das Milieu einer Bande aus dieser Gegend nach, sondern auch das Umfeld, in dem sie leben und die Frauen, die mit ihnen in Kontakt kommen und sie lieben.
Die Grundgeschichte von The Town ist schnell erzählt und deckt doch nur einen Bruchteil von dem ab, was in diesem Film unter der Oberfläche schlummert. Eine Gruppe Gangster begibt sich auf Raubzüge. Bei einem der Banküberfälle nehmen sie eine Geisel, die zufällig in der gleichen Gegend wie sie lebt. Doug (Ben Affleck) begibt sich auf die Suche nach ihr, freundet sich mit ihr an und will zuerst nur erfahren, ob die Geisel sie erkannt hat und ihnen gefährlich werden kann.
Sein bester Freund Jim (Jeremy Renner) ist mehr als nur ein Freund. Er ist der Bruder, den Doug nie hatte und teilt mit Doug eine dunkle Vergangenheit, die sich langsam vor den Augen der Zuschauer entfaltet. Dazu ist Jim auch noch komplett verrückt, roh und brutal und tut Alles, um nicht wieder ins Gefängnis zu wandern.
Verliebt in böse Jungs
Während sich die Liebesgeschichte zwischen Gangster Doug und der früheren Geisel Claire (Rebecca Hall) entwickelt, ist der Bande der skrupellose FBI-Agent Frawley (Jon Hamm) auf den Fersen, der vor nichts zurückschreckt, um Informationen zu bekommen oder jemanden ins Gefängnis zu bringen. Das geht bis zum Fälschen von Beweisen und Einschüchtern von Zeugen. Er ist zudem verliebt in Claire, die er im Rahmen seiner Ermittlungen betreut. Hier steuert der Film schon auf das erste Problem zu: Gangster und FBI-Agent lieben die Geisel und Claire entscheidet sich für den Outlaw.
The Town hätte auch ohne die Liebesgeschichte funktioniert. Das liegt an einem ansonsten brillanten Skript, das die Hoffnungslosigkeit der Bande, ihre Familiengeschichte und ihren konstanten Kampf gegen Drogen, Hass und Armut in teilweise drastischen Bildern einfängt.
Dass die Liebesgeschichte nicht nur funktioniert, sondern auch zur Reinigung des Verbrechers Doug beiträgt, ist nur Halls und Afflecks Verdienst. Sie sorgen dafür, dass diese Beziehung für die Zuschauer glaubhaft wird. Und wenn der Moment gekommen ist, dass Claire sich zwischen dem Gesetz und ihrem geliebten Outlaw entscheiden muss, wird die Spannung auf ein Maximum getrieben.
Hoffnungslos, dreckig und ohne eine Chance, das Leben jemals in den Griff zu bekommen - so stellt Affleck als Drehbuchautor und Regisseur Bostons Arbeiterklasse dar. Das Milieu ist das Gleiche wie in Gone Baby Gone, aber The Town ist einfach ein viel größerer und umfangreicherer Film. Um die verschiedenen Handlungsstränge nicht aus den Augen zu verlieren, ist einige Konzentration nötig. Dafür belohnt Affleck den Zuschauer für das Durchhalten mit einer fein konstruierten Geschichte und einiger Action. Nicht alle Teile des Puzzles funktionieren, aber generell hat Affleck es geschafft, all das zu verwirklichen, was er sich vorgenommen hat.
Hochkarätige Besetzung
An der Seite von Ben Affleck, Rebecca Hall, Jeremy Renner und Jon Hamm gibt es wenig Raum für die anderen Schauspieler. Und doch spielen sich der kürzlich verstorbene Pete Postlethwaite als fieser Gangsterboss und Blake Lively als drogensüchtige, alleinerziehende Mutter und Schwester des Gangsters Jim in die Herzen des Publikums. Besonders Livelys Darstellerqualitäten hätten um einiges mehr in den Vordergrund treten können, damit der Zuschauer erkennt, dass diese junge Schauspielerin das Potenzial einer großen Karriere jenseits von TV-Serien hat. Chris Cooper - als Vater von Doug - geht unter in dieser Riesen-Cast und auch die restlichen Bandenmitglieder bleiben leider farblos.
The Town ist eine Sozial- und Millieustudie, die die Waage zwischen rasanter Action und dezent erzählter Geschichte hält. Mit einer brillant aufspielenden Cast und vielen verschiedenen Handlungssträngen ist das Drama aber auch eine Liebeserklärung an Boston und die Arbeiterschicht. Wenn Hoffnungen zerplatzen und neue Möglichkeiten sprießen, kommt es zum ultimativen Clash zwischen Gesetzeshütern und Outlaws, bei dem einige Charaktere auf der Strecke bleiben.
Dennoch: Der Film macht Hoffnung, Hoffnung darauf, dass Menschen sich ändern und auf den richtigen Weg zurückfinden können. The Town überrascht zudem mit einem Ende, das außerhalb aller Klischees funktioniert und zum Nachdenken anregt. Bildgewaltig, perfekt inszeniert und mit nur wenigen Längen ist The Town ein absolutes Must-See.