Im virtuellen mittelalterlichen Bürgerbüro gibt der Spieler seinem Alter Ego einen Namen, passt dessen Äußeres an und entscheidet sich für eine Klasse. Krieger, Ritter, Assassine, Zauberer, Dieb und noch ein paar andere stehen zur Auswahl. Welche man wählt, wirkt sich nicht sehr stark auf den Spielverlauf aus, da sich auch aus einem Ritter später noch ein amtlicher Zauberer formen lässt. Einfacher geht's natürlich, wenn man sich direkt für die Klasse entscheidet, die am besten den eigenen Vorlieben entspricht, da sich die wählbaren Charaktere im Level und der Ausrüstung unterscheiden. Nur der Bettler kommt als unterentwickelter Zeitgenosse ohne Starthilfe in Form von Rüstung und Waffen daher – zielt damit auf die absoluten Masochisten unter den Spielern ab. Die Wahl der Klasse definiert also eher den Anfangs-Schwierigkeitsgrad.
Eine Spielwelt zum Verlieben
Nach dem Rollenspiel-typischen Prozedere geht’s endlich in die fiktive Spielwelt Lothric. Ein knappes Intro stellt einige Aschefürsten vor, die eigentlich die Herren der mittelalterlichen Spielwelt sind. Vielmehr als Bahnhof versteht man angesichts der kryptischen Machart nicht. Cutscenes gibt’s eh kaum, und ein paar Hinweise der wenigen NPCs und Beschreibungen gefundener Gegenstände machen den Bock nicht fett. Ist man nicht anders gewohnt und trägt auch irgendwie zum Dark Souls umgebenden Mystik-Nebel bei. Was aber immerhin schnell klar wird: Der Spieler muss diese Aschefürsten zurückholen – und zwar indem er sie besiegt. Schon auf den ersten Metern durch die blass-bedrückende, doch größtenteils wunderschöne Spielwelt demonstriert Dark Souls 3 die bewährte Formel: Sich durch verlassene Burgen, Wälder und Dörfer kämpfen; Skelette, bizarre Ritter und Dämonen niederstrecken, deren Seelen aufsammeln und sie in neue Ausrüstung und Skills investieren. Klingt nach einer Spielerfahrung zum Verlieben, oder?Ja – wenn man die Tatsache ausblendet, dass Lothric eine spielgewordene Beerdigung ist. Denn hinter jeder Ecke lauern höllenhafte Fabelwesen, die einen um die hart erkämpften Seelen bringen wollen. Stirbt man, landet man beim letzten entzündeten Lagerfeuer – die Rücksetzpunkte im Spiel – von wo aus man sich erneut zum Ort des Ablebens vorkämpft. Kratzt man auf dem Weg dorthin nochmal ab, sind die Seelen weg. Es ist also vielmehr eine Hassliebe, die die „Du bist gestorben“-Einblendung auslöst, welche einem Dark Souls immer und immer wieder unter die Nase reibt. Aber auch wenn das Spiel bockschwer ausfällt: Unfair ist es nie. Dafür ist das Gameplay-Gerüst zu sauber ausbalanciert. Unter der harten Schale wartet ein feines Action-Rollenspiel-Kampfsystem darauf, richtig eingesetzt zu werden. Jede Rüstung bietet eigene Vor- und Nachteile, jede Waffe verhält sich anders im Handling. Je nachdem, ob man ein Schwert nun einhändig, zweihändig oder in Kombination mit einem Schild führt, lässt sich das Kampf-Verhalten nach Gusto anpassen. Neu: Jedes Todeswerkzeug bringt jetzt eine Spezialattacke mit, die allerdings Fertigkeitspunkte kostet. Die lassen sich wiederum mit Asche-Estus-Flakons auffüllen. Da die Inventarplätze dafür beschränkt sind, hat man die Wahl: Drei Asche-Estus-Fläschchen und drei Heilfläschchen mitnehmen oder doch lieber die doppelte Ladung Heilung und dafür auf Magie verzichten? Klingt nach einer Alibi-Neuerung, entpuppt sich aber als sinnvolles Feature, das dem Kampfsystem noch eine weitere Facette beschert, das Game insgesamt sogar ein Quäntchen zugänglicher macht.
Souls/Bloodborne-Hybrid
Aber keine Angst, Dark Souls 3 gehört klar zu den schwierigsten Games überhaupt. Während die normalen Gegner bereits mit neuen Taktiken und purer Durchschlagskraft fordern, verlangen einem die Bosskämpfe alles ab. Etwa das Scharmützel mit einem Ritter, der sich plötzlich einen zweiten Kollegen zur Hilfe holt – bevor schließlich noch ein dritter hinzukommt, der im Wahn auf alles losgeht, was ihm in den Weg kommt. Nachdem alle niedergestreckt sind, mutieren deren Leichname schließlich zu einem bombastischen Feuerwesen, während der Orchester-Soundtrack aus den Boxen knallt. From Software zieht dabei im Vergleich zu den bisherigen Souls-Games den Spiel-Speed noch etwas an und orientiert sich damit eher an ihrem letzten Game Bloodborne, wenngleich Dark Souls 3 nicht ganz an dessen Geschwindigkeit heranreicht.Was Dark Souls 3 ebenfalls von Bloodborne erbt: die geschmeidigen Animationen und stellenweise auch das grandiose Art-Design. Die Spielwelt kommt nämlich wie eine Art Best-of aus den Souls-Spielen und Bloodborne daher. Daran ist prinzipiell nichts verkehrt, allerdings bleiben so Serienveteranen auch die Wow-Momente verwehrt. Was hingegen wirklich nervt: Wie bei Bloodborne wird man zum Levelaufstieg in einen Schrein teleportiert – Ladezeiten inklusive.