Wenn ein Low-Budget-Produkt nach seinem Überraschungserfolg den Sprung zur Vollversion versucht, ist das meistens zum Scheitern verurteilt. Die Hürde, die das Original gelegt hat, entpuppt sich für viele als zu hoch. Doch die Macher von Portal haben mit dem zweiten Teil bewiesen, dass ein Nachfolger den Überraschungserfolg noch toppen kann. War der erste Teil vergleichsweise noch ein kleines Kinderpuzzle, muss man sich im zweiten Teil mit mindestens 5.000 Teilen herumschlagen.
Portal, zum ersten
Steht eine Wand im Weg, schafft man sich einfach ein Portal, durch das man marschieren kann und schon ist man am Ziel angekommen. So einfach ist das Prinzip, das hinter Portal steht. Dank seines mobilen Portal Device kann man zunächst nur sich oder Gegenstände durch die Gegend teleportieren und sich so durch eine Vielzahl an Aufgabeln spielen. Ziel ist es, den Umgang mit dem Aperture Science Handheld Portal Device zu verbessern, mit dem man verschiedene Portale schaffen kann, die an ein Wurmloch aus Star Trek erinnern. Diese Portale kann man dann an Wände oder den Boden schießen und so schier unerreichbare Ebenen erreichen.
Hier sind zumindest Grundkenntnisse in Physik und Mathematik von Vorteil (schon mal etwas von Einfallswinkel = Ausfallswinkel gehört?), und da immer nur ein Portal gleichzeitig offen sein kann, ist abwechslungsreicher Puzzlespaß garantiert. Gegenstände oder der eigene Spieler fallen außerdem mit gleicher Geschwindigkeit aus dem Portal, wie man hinein gegangen ist. Das kann in manchen Fällen für rasante Aktion, in anderen für ein vorschnelles Ableben am Boden, in Metalldornen oder im Säurebecken sorgen.
Kuchen fürs Kaninchen
In Portal schlüpft der Spieler in der Welt von Half-Life in die Rolle von Chell, einer jungen Frau die als Versuchskaninchen in den Labors der Aperture Science Enrichment Center der Aperture Laboratories dient. Wie so oft, beginnt man nur mit dem Nötigsten ausgestattet seine Quest, um aus den Versuchslabors zu entkommen und dem Peiniger eins auszuwischen. In diesem Fall muss sich man zunächst „nur“ durch 19 Versuchslabors kämpfen. Immer begleitet von Computerstimme des Genetic Lifeform and Disk Operating Systems GLaDOS, die einem zur Belohnung für das Bewältigen einer Kammer einen Kuchen verspricht. Nachdem man in letzter Sekunde dem sicheren Tod in einer Brennkammer entkommt, kann man seinen Kampf gegen die nun hörbar verärgerte GLaDOS aufnehmen.
Dank seiner liebevollen Grafik, der Story und den bis dato neuartigen Rätseln fand Portal schnell eine große Fangemeinde. Die Beschwerden über die kurze Spieldauer von nur rund drei Stunden waren allerdings sehr laut. Also entschloss man sich beim Hersteller Valve, einen zweiten, groß angelegten Teil herauszubringen.
Portal, zum zweiten – wieder keinen Kuchen
Wer den ersten Teil gespielt hat weiß, dass GLaDOS uns noch Kuchen schuldig ist. Ob man diesen aber wirklich möchte, kann mit Recht angezweifelt werden. Denn der zweite Teil spielt einige hundert Jahre nach dem ersten. Die Labors liegen in Trümmern, während man selber aus dem Kryo-Schlaf erwacht. Nur der für die Versuchskaninchen verantwortliche Droide Wheatley steht als Helfer bereit. Nun gilt es wieder einmal, sich mit Hilfe der Portalkanone durch die verschiedenen Rätselkammern zu puzzeln. Unglücklicherweise erweckt Wheatley GLaDOS wieder zum Leben, die uns erneut, und dank einer Fehlfunktion wohl auch ewig, durch ihre Testkammern schicken will.
22 neue Räume, eine gute Story mit überraschenden Wendungen, liebevolle Zwischensequenzen und neue Puzzle-Elemente machen den zweiten Teil von Portal zu einem würdigen Nachfolger. Nur in einigen Außenlevels ist erhöhte Wachsamkeit gefragt. Ansonsten werden diese Level eher zu einem Suchspiel als zu einem Puzzle. Schön ist, dass die teils kniffligen Rätsel im Gegensatz zu einigen Adventures logisch nachvollziehbar sind, wenn man zunächst nicht auf die richtige Lösung kommt. Statt wildem Geklicke und frustrierendem Wiederholen kann Denken sogar hilfreich sein.
Neu sind im zweiten Teil auch bestimmte Gels, die aus undichten Rohren tropfen und die man dank den Portalen im Raum verteilen kann. Diese Gels verändern die physikalischen Eigenschaften, machen z.B. Böden weich oder sorgen für einen rutschigen Untergrund. Neu ist auch der Koop-Modus, in dem man sich mit einem Partner gemeinsam durch die Rätselkammern teleportieren muss.
Die nette Grafik, eine gute Portion Humor und die Story machen Portal 2 in jedem Fall zu einem lohnenden Einkauf für alle Puzzle-Fans.