Review Review Bild: Sony Computer Entertainment

The Last Of Us: Apokalypse aus dem Bilderbuch

Der Weltuntergang musste in Videospielen schon oft als Ausgangspunkt herhalten. Mit The Last Of Us nimmt sich ein weiteres Spiel der Endzeit-Stimmung an. Ob das funktioniert, verrät unser Test.
Wirklich gut zu verstehen scheinen sich Joel und Ellie am Anfang des Spiels nicht gerade. Er, ein Schmuggler, Ende 40, der abgebrühter nicht sein könnte und nur selten eine Emotion über die narbige und bärtige Fassade kommen lässt. Sie, eine typische 14-Jährige. Zumindest auf den ersten Blick. Das Mädchen hat nämlich schon weit schlimmere Dinge gesehen als für ihr Alter üblich. Doch die Zeiten, in der Teenager noch behütet aufwuchsen, sind lange her. 20 Jahre, um genau zu sein. Denn seitdem hat die Menschheit mit einer parasitären Pilzinfektion zu kämpfen. Einmal infiziert, wird der Mensch zu einer übermächtigen Bestie.


20 Jahre am Abgrund

Die zwei Jahrzehnte waren in jedem Fall lange genug, um aus der einstigen Zivilisation eine zutiefst paranoide Gesellschaft  zu machen, deren Finger locker am Abzug sitzt. Umso schwieriger also für Protagonist Joel, Ellie von Boston ins 600 Meilen entfernte Pittsburgh zu bringen. Warum der Stress? Wird nicht verraten. Zugegeben, die Story-Eckdaten sind zumindest theoretisch nicht die spannendsten, die man in diesem Jahr zu hören bekommen hat. Wie Entwickler Naughty Dog sie in Szene setzt, ist aber schlicht filmreif und sorgt für eine unglaublich packende Atmosphäre.

Nach einem erstklassigen Prolog, der erklärt, warum Joel so eiskalt ist, wie er daherkommt, startet das eigentliche Abenteuer. Über die Schulter blickend, manövriert der Spieler den Protagonisten in traditioneller Third-Person-Manier durch malerisch-heruntergekommene Landschaften, dreckige und verlassene Straßen, vorbei an abgewrackten Häuserfassaden. Die Figuren bewegen sich geschmeidig und die Gesichtsanimation wirkt lebendig, sodass der Spieler auch abseits der packenden Story schnell eine Bindung zu den Charakteren aufbaut. Oder anders formuliert: Naughty Dog holt technisch nochmal alles aus der betagten PlayStation 3 heraus.


Third Person – aber ohne Kugelhagel

Wer beim Begriff „Third Person“ aber ausufernde Shootouts erwartet, liegt falsch. Meist schreitet der Spielfluss gemächlich voran, das Game nimmt sich ungewöhnlich viel Zeit, in die Gänge zu kommen. Es bietet so aber auch genug Raum, um sich mit den Gameplay-Komponenten vertraut zu machen. Geschossen wird aber erstaunlich wenig. Stattdessen ist Schleichen angesagt. Auch weil die Munition chronisch knapp ist, die Gegner übermächtig sind und Joel nicht viel mehr als ein paar Kugeln menschlicher Widersacher einzustecken vermag. Ganz recht, dem Protagonisten wollen nicht nur Infizierte ans Leder, sondern auch Menschen. Meist Plünderer.

Als schlimmer erweisen sich aber die Bestien. Kommt ihm ein sogenannter Clicker in die Quere – ein Infizierter, bei dem der Pilzbefall schon so weit fortgeschritten ist, dass er nicht mehr sehen kann – ist nach nur einem einzelnen Angriff Schlafenszeit. Passenderweise hält das Spiel zahlreiche Optionen parat, die Feinde zu umgehen. Denn auch wenn die Clicker nicht sehen, so hören sie umso besser. Eine geschickt geworfene Glasflasche zur Ablenkung bewirkt hier Wunder.
Ist der Kampf doch einmal unausweichlich, bietet sich das Sammeln von Items an. Letztere lassen sich zu neuen Gegenständen kombinieren, wie etwa improvisierten Dolchen.

Die übermächtigen Widersacher und der Mangel an Ballermännern erfordern nicht nur Fingerspitzengefühl, sondern transportieren auch ein Spielgefühl, wie es nur  wenige  andere Games tun. Das intensive Feeling wird dabei vom erstklassigen Sound getragen. Von sanften Gitarrenklängen bis hin zu verstörendem Hämmern hat Naughty Dog stets den passenden Klangteppich parat. Die gute deutsche Sprachausgabe erledigt den Rest. Natürlich schlummert auch der englische Originalton auf der Disk. Mit dem wird’s noch atmosphärischer.


Fazit

Klar, The Last Of Us hat seine Macken. Zum Beispiel die KI der Mitstreiter. Die hätte nämlich durchaus noch etwas mehr Feintuning vertragen. Ellie wird zum Beispiel erst entdeckt, wenn auch Joel vom Gegner gesehen wird – selbst wenn sie frontal in die Schusslinie rennt. Oder die junge Dame verfängt sich in Objekten. Nicht sehr elegant.

Als Ganzes betrachtet, sind diese Fehler aber verzeihbar und unterm Strich liefert Naughty Dog hiermit nicht weniger als eines der Top-Ten-Games für die PlayStation 3 ab. Eine erwachsene Handlung, erstaunlich lebendige Charaktere und der tolle grafische Unterbau gehen Hand in Hand. Sollte man gespielt haben.



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