Alice – Madness Returns: Ein Kunstwerk mit Schönheitsfehlern Bild: Electronic Arts

Alice – Madness Returns: Ein Kunstwerk mit Schönheitsfehlern

Braucht die Welt eine weitere Neuauflage von Alice im Wunderland? Mit Sicherheit, erst recht wenn sie von Kult-Game-Designer American McGee stammt, der seinerzeit beim Ego-Shooter-Erfinder id-Software sein Handwerk gelernt hat.

Die kleine Alice, wie man sie aus Lewis Carrols Kinderbüchern kennt ist mittlerweile 18 Jahre alt und Insasse einer Irrenanstalt. Zu schwer wiegt die Last der Vergangenheit auf ihren zierlichen Schultern. Denn Alice soll ihr Elternhaus vor einigen Jahren in Brand gesetzt und so Mutter und Vater umgebracht haben. Der Ausgangspunkt von Spicy Horse‘ zweiter Adaption von Alice im Wunderland versetzt den Spieler direkt ins Irrenhaus. Ein paar Runden gedreht, kurz mit einigen der anderen, noch jugendlichen Insassen geplaudert und schon wird klar: das ist kein Action-Adventure im klassischen Sinne. Zwar lässt sich Alice ähnlich geschmeidig durch die langen, düsteren Korridore der psychiatrischen Anstalt navigieren wie eine Lara Croft, die Umgebung scheint allerdings wie aus einer anderen Welt. Alle Menschen, ja sogar Kinder, tragen riesige, entstellte Köpfe auf ihren Schultern und sorgen so nicht nur bei jüngeren Semestern für Gruselstimmung. Wirre Sounds und verstörende Klavierklänge im Hintergrund erledigen den Rest. Die Eindeutschung von Hutmacher, Grinsekatze & Co. kann sich übrigens durchweg hören lassen, verkaufen die Sprecher das, was sie da sagen stets authentisch und zerren den Spieler so zu jedem Zeitpunkt mitten ins Geschehen.

Das alte Wunderland existiert nicht mehr

Statt knuffigen Tierchen und Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung gibt’s im Nachfolger zu American McGee’s Alice also literweise Blut, fiese Gegner und eine Umgebung, die lebensfeindlicher kaum sein könnte. Doch Alice ist gegen die Gegenspieler gewappnet. Während eine überdimensionale Pfeffermühle als Fernwaffe fungiert und so auch schwebende Gegner vom Himmel holt, schlägt Alice mit Vorpalklinge und Steckenpferd alles zu Brei, was ihr auf die Pelle rücken will. Übrigens: Überall im Wunderland sind Zähne versteckt, die Alice je nach Bedarf aufsammeln und im jederzeit abrufbaren Menü gegen Waffen- und Rüstungs-Upgrades verpulvern kann. Das verleiht dem wundersamen Abenteuer einen Hauch von Rollenspiel, ohne Akzente zu setzen.

Solide Spielmechaniken und kleine Spielereien

Rein Gameplay-technisch setzen McGee und sein Entwicklerstudio bei ihrem zweiten Alice im Wunderland auf eine klassische Mischung aus Action-Adventure und Jump ’n‘ Run. Das spielt sich dann ein wenig wie eine Kombination aus God of War und The Legend of Zelda. Besonders in den höheren Schwierigkeitsgraden avancieren die Kämpfe gegen die Schergen der Herzkönigin von stupidem Gekloppe zu kleinen taktischen Meisterleistungen. Allerdings wird’s bei der schieren Anzahl von anstürmenden Gegnern auch schnell mal unübersichtlich und wenn dann die Kamera noch bockt, hilft nur noch der Neustart vom Kontrollpunkt. Die sind immerhin meist fair gesetzt, sodass fast nie Frust ob immer wieder zu spielender Passagen aufkommt. Gelegentliche Minispiele wie zweidimensionale Sprung-Einlagen, wie man sie von Little Big Planet 2 oder de Blob 2 kennt, lockern den Spielfluss zusätzlich auf.

Kaum Innovationen, dafür packende Momente

Trotzdem fehlt es Alice: Madness Returns an echten Innovationen und Abwechslung. Zu selten überkommt einen das Gefühl, etwas gänzlich Neuartiges zu spielen. Gelegentliche Ruckler und aufploppende Objekte machen die Sache nicht besser. Wer allerdings etwas genauer hinschaut, den Einstieg übersteht und den künstlerischen Anspruch hinter dem schrägen Abenteuer erkennt, der kriegt mit Alice: Madness Returns eine echte Perle in Sachen abgedrehter Story, Design und Charakteren serviert. Auf jeden Fall einen Blick wert, vor allem für Fans des ersten Teils: American McGee’s Alice.



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Details

  • Titel: Alice: Madness Returns
  • System: PC, PS3, Xbox 360
  • Genre: Action-Adventure
  • USK: Ab 16 Jahren
  • Spieler: 1
  • Release: 16.06.2011
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