Der Driver sieht rot
Gibson selbst übernimmt in Get The Gringo die Rolle des namenlosen Drivers, der nach einem gescheiterten Coup gen mexikanische Grenze rast. Die US-Cops zwar hinter sich gelassen, bleibt ihm die Festnahme dennoch nicht erspart. Von den Mühlen des Gesetzes kann bei der anschließenden Inhaftierung aber nicht die Rede sein, denn diejenigen, die den coolen Antihelden festnehmen, sind nicht etwa Gesetzeshüter mit reinem Gewissen, sondern viel mehr korrupte Bundesbullen. Der Knast, in den der Driver einfährt, ist entsprechend kein gewöhnlicher, sondern das sogenannte El Pueblito, ein kleines Dorf, das von Mauern umgeben und von gemeinen Wärtern bewacht wird. Wer hier durchhalten will, muss hart sein. In diesem speziellen Ökosystem muss er sich nun beweisen. Hilfe erhält der Driver von einem kleinen Jungen (Kevin Hernandez) und dessen Mutter (Dolores Heredia). Und die kann er brauchen, denn zu allem Überfluss tauchen auch noch seine alten Mafiosi-Auftraggeber auf. Ab diesem Zeitpunkt lässt der Driver die Fäuste sprechen, vermöbelt Mitinsassen, fackelt Häuser ab, klaut Drogen und spielt die einzelnen Parteien gegeneinander aus.
Daran scheiden sich die Geister
Man merkt: Mel Gibson ist in seinem Element. Wenn er sein Unwesen auf der Leinwand beziehungsweise dem Fernseher treibt, sind seine Marotten aus dem realen Leben schnell vergessen. Er füllt seine Rolle aus und bringt den Zuschauer mit seinen reflektierenden Off-Kommentaren zum Schmunzeln. Vorausgesetzt, man kann des Drivers schwarzhumoriger, stellenweise schon fast übertrieben brutaler Art etwas abgewinnen. Wenn er zum Beispiel seinen kürzlich erschossenen Kumpel als Schutzschild hernimmt, dürfte das sicher nicht jedem ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Aber so ist der gute Mel nun mal und dafür lieben ihn seine Fans – und hassen ihn seine Kritiker.Während die erste Hälfte noch eine echte Action-Freude ist, schleichen sich danach aber doch einige Zweifel ein. Es wird deutlich, dass ob der starken Präsenz Gibsons kaum Entfaltungsoptionen für die anderen Figuren abfallen. Die Konsequenz: Get The Gringo hat durch die unausgewogene Schauspiel-Balance mit Längen zu kämpfen. Auch wenn immer wieder gute Einfälle durchblitzen, so vermögen diese dennoch nicht vom einfach gestrickten Drehbuch abzulenken. Immerhin versteht sich der Film als das, was er ist: kurzweilige, fiese und schwarzhumorige Action, die vor allem von einem Schauspieler getragen wird, der in großen Teilen der Filmindustrie als Persona non grata gilt.