Der Autorenfilm
Am Anfang stand der Autorenfilm. Vor dem Jahr 1914 verstand man unter diesem Begriff Filme, die auf dem Werk dramatischer Autoren beruhen. Die Filmschaffenden versprachen sich vom Engagement bedeutender Dramatiker eine erhöhte Anziehungskraft des Kinos. Doch das Publikumsinteresse blieb aus und die ursprüngliche Form des Autorenfilms wurde schließlich nach nur wenigen Jahren inoffiziell zu Grabe getragen.Der Begriff Autorenfilm existiert allerdings weiterhin, nur seine Bedeutung hat sich verschoben. Heute verstehen wir als Autorenfilm einen Film, der von einer einzelnen Person maßgeblich geprägt wird, die essentielle Aufgaben wie Regie, das Verfassen des Drehbuchs und den Schnitt übernimmt. Im Gegensatz zu „normalen“ Filmen, lässt sich der Regisseur hier als der Künstler schlechthin hinter dem Werk bezeichnen. Er entscheidet letztlich über sämtliche prägenden und künstlerischen Aspekte. Die ersten Filme, die je gedreht wurden, waren also allesamt Autorenfilme. In der Geburtsstunde des Films, um das Jahr 1895, fielen die Budgets schließlich noch schmal aus, sodass ein mehrköpfiges Produktionsteam undenkbar gewesen wäre. Einer der ersten Regisseure mit Tendenz zum Autorenfilm, Georges Méliès (1861-1938), könnte davon ein Lied singen. Allerdings ist der Gute lange tot.
Später, zwischen 1920 und 1940, wuchs Hollywood mit den Major-Studios Paramount Pictures, 20th Century Fox, Metro-Goldwyn-Mayer, Warner Bros. und RKO Pictures zum Marktführer heran. Durch Studio- und Starsystem wurde das Zepter über ganze Produktionen nicht länger einzelnen Autoren in die Hand gegeben. Stattdessen wurden Studios mit der Produktion beauftragt, Schauspieler gecastet und vertraglich gebunden. Die Folge: Die allgemeine Filmsprache und die Produktionsweise veränderten sich und der Autor mutierte vom unabhängigen Künstler zum Drehbuchlieferant.
Arthouse
Der klassische Autorenfilm verschwand damit vom Radar des Mainstreams, was aber nicht heißt, dass er damit gestorben wäre. Parallel zu Hollywood legte der Autorenfilm an Anspruch zu und entwickelte sich zu einem Filmgenre weiter, das auf große Budgets, bekannte Schauspieler, PR-Arbeit und Spezialeffekte verzichtet; dafür den Fokus auf Dialoge, unkonventionelle Erzählstrukturen, innovative Ideen und die Behandlung gesellschaftlicher und philosophischer Fragen legt. Diese Filme laufen dann logischerweise nicht im Kino nebenan, sondern in kleineren Programmkinos, sogenannten „Arthouses“. Daher die Genrebezeichnung. Die beiden vermeintlichen Genres Arthouse und Autorenfilm gehen also Hand in Hand.Übrigens: In Deutschland beträgt der Programmkino-Anteil lediglich 10 Prozent. Die Franzosen sind mit 30 Prozent Spitzenreiter. Das liegt auch daran, dass der Autorenfilm in den 50er- und 60er-Jahren im Rahmen der Nouvelle Vague („Neue Welle“) einen Aufschwung erlebte. Dieser war stark von Alfred Hitchcock beeinflusst und brachte Filmemacher hervor wie François Truffaut (Sie küssten und sie schlugen ihn), der seine eigene Meinung stark durch die Handlung hindurchschimmern ließ. Das wiederum beeinflusste später Regisseure wie Woody Allen.
Zu den bekanntesten deutschen Autorenfilmern zählen Rainer Werner Fassbinder (Angst essen Seele auf), Alexander Kluge (Abschied von gestern) und Werner Herzog. Letzterer machte sich mit Filmen wie Aguirre, der Zorn Gottes oder Nosferatu – beide mit Klaus Kinski in der Hauptrolle – einen Namen.