Ein Besuch beim Diktator
Bassam Al-Fayeed (Adam Rayner) alias Barry flieht bereits als Teenager aus dem fiktionalen Staat Abbudin im nahen Osten in die USA, um seinem unbarmherzigen Vater und Präsidenten Khaled (Nasser Faris) zu entgehen. Nach Dekaden in Amerika muss der Kinder- und Jugendarzt schließlich doch nochmal zurück in seine verhasste Heimat. Sein Neffe heiratet und da sollen Bassam samt Frau Molly (Jennifer Finnigan), Tochter Emma (Anne Winters) und Sohn Sammy (Noah Silver) nicht fehlen. Während sein Anhang sich vom ausschweifenden Lebensstil der Verwandten mitreißen lässt, würde Barry am liebsten auf dem Absatz kehrtmachen und wieder nach Hause fliegen. Warum, wird in Rückblenden erklärt, die teils erschütternde Szenen über Barrys Kindheit parat halten. Wie dem auch sei. Bis nach der Trauungsfeier wird er schon durchhalten. Allerdings mit der selbst auferlegten Bürde, nicht von den verbotenen Früchten des präsidentiellen Wohlstands zu naschen. Barry fliegt deshalb zweiter Klasse nach Abbudin, obwohl sein Vater den kompletten Flieger für seinen Sprössling reserviert hat. Und geschlafen wird im Hotel, nicht im Präsidentenpalast. An dieser Stelle hat’s dann auch der Plot-resistenteste Zuschauer verstanden: Barry ist der Gute. Und der Böse sein älterer Bruder Jamal (Ashraf Barhom), der als mordender und vergewaltigender Unruhestifter charakterisiert wird.
Während die Kritiken mit jeder Homeland-Staffel schlechter werden, besitzt Tyrant noch das Potenzial, zum neuen Platzhirsch im Polit-Thriller-Segment zu werden. Das heißt: Wenn sich die Handlung ein Stück weit von Klischees befreit. Von der verschachtelten Katz-und-Maus-Erzählweise Homelands ist Tyrant nämlich noch meilenweit entfernt. Stattdessen bestimmt eine kontrastreiche Schwarz-Weiß-Malerei das Bild, die lediglich gegen Ende der Folge mit einer Szene aufgebrochen wird, in der Barry beim Verüben einer Gräueltat gezeigt wird, vor der sein Bruder zurückschreckte.