Jeder, der mal ein Rollenspiel gespielt hat, weiß, dass er sich den Fortschritt hart erarbeiten muss. Denn nur über das Studium regelrechter interner Wissenschaften erreicht ein Spieler das nächste Level. Doch nicht jedes Rollenspiel ist ganz so streng. Star-Entwickler Peter Molyneux und sein Liohead-Studio haben sich einst daran gemacht, das Genre kräftig durchzulüften. Komplizierte Mechanismen und die in den Spielverlauf integrierten Systeme an Bedienungsanleitungen wollten er und sein Team entfernen. Mit Fable III ist er diesem Ziel ein gutes Stück näher gekommen. Das Fantasy-Abenteuer spielt sich wie ein Action-Adventure und fühlt sich dennoch an wie ein waschechtes Rollenspiel.
Erneut ist das Reich von Albion Ort der Handlung. 50 Jahre nach den Geschehnissen von Fable II (2008) hat sich die Hauptstadt Bowerstone gewandelt: Das Industriezeitalter ist angebrochen und die Straßen haben einiges von ihrer Romantik aus früheren Zeiten verloren. Schmutz, Düsternis und Armut macht sich breit, denn mit König Logan regiert ein kaltherziger Herrscher übers Land. Die Regierung lebt in Prunk und Luxus; derweil nagen Bowerstones Bürger am Hungertuch und werden zur Arbeit gezwungen.
Das Machtspiel vom Prinzen zum König
Zwischen den Welten aus Reichtum und Armut steht der Spieler. Er übernimmt die Rolle des Prinzen, der zum größten Thronrivalen seines bösen Bruders Logan wird. Gleich zu Beginn zeigt Fable III, aus welchem Stoff seine Gewissensfragen gestrickt sind: Während die Wachen eine Handvoll protestierender Arbeiter gefangen nehmen, werden der Prinz und seine Freundin dem König vorgeführt. Ihr Protest gegen eine Hinrichtung der Streikenden gefällt Logan gar nicht. So stellt er seinen Bruder vor die Wahl: Entweder sollen sie oder seine Freundin sterben. Schon an dieser Stelle verzweigt sich der Verlauf des Spiels im Detail und folgt dem großen Erzählstrang, in dem der Held eine Rebellion anführt.
Neblige Entscheidungen statt Schwarz oder Weiß
Ähnlich wie Batman sucht der Prinz mit seinem Butler zunächst in unterirdischen Höhlen Zuflucht. Von dort aus lernt er mit Waffen zu kämpfen und Magie zu nutzen. Er reist durch die Welt, trifft Menschen, zieht sie auf seine Seite, gewinnt an Macht und erobert den Thron. Jedes andere Spiel wäre damit beendet. Fable III allerdings startet hier erst voll durch. Statt am Ende zu sein und sich ausmalen zu müssen, was nun wohl passiere, wird der neue König und seine Staatsmacht auf die Probe gestellt: Welche Art von Herrscher wird der Spieler sein? Der gute, der sein Volk nährt und sich aufopfert, oder ein Tyrann, der alle Schätze für sich allein scheffelt? Dass wichtige Entscheidungen nicht immer schwarz oder weiß sind, zeigt das neblige Beispiel vom Anfang.
Breite Spanne zwischen Action bis Drama
Action dominiert das Spielgeschehen! Auch wenn Kämpfe praktisch nur mit einem Knopf geführt werden und Schwerter, Hämmer oder Äxte sowie Schusswaffen und Magieangriffe kinderleicht zu bedienen sind, droht hinter jeder Ecke eine Niederlage. Nach diesem Bewusstseinsverlust verliert der Held zuvor mühsam gesammelte menschliche Anhänger – ein Punkteabzug, der ihn im Spielfortschritt zurückwirft. Parallel dazu zeichnet ihn seine Erfahrung, nicht nur der wechselnden Kleidung wegen, die er auf Missionen findet. Jede Waffe passt sich seinem Spielstil vom Aussehen an und sein Gesicht ist vernarbt aus den Kämpfen.
Fable III ist das geworden, was sich Fans der Erfolgsserie erhofft haben – ein abwechslungsreiches, leicht erlerntes und humorvolles Action-Rollenspiel für die breite Masse. Klare Texturen, flüssige Animationen und bunte Zaubereffekte lassen das märchenhafte und diesmal stellenweise düstere Design in neuem Glanz erstrahlen. Die erweiterte Spielwelt Albions strotzt nur so vor Atmosphäre und mit der Einführung Mitmenschen (Ehepartner, Kinder etc.) nun auch anfassen, sie sogar an der Hand führen zu können, bekommt das Gameplay eine neue Dimension: Ganz zu schweigen von dem treuen Hund, der den Helden ständig begleitet, schafft Entwickler Lionhead so noch mehr Emotion und Immersion. Die Möglichkeit das Erlebnis per Coop-Modus mit einem zweiten Spieler off- oder online via Xbox Live teilen zu können, setzt dem Spaß schließlich die Krone auf.