entertainweb: Hallo Drew, du hast dir in der Filmbranche vor allem einen Namen als Autor gemacht. Wie hat das mit dem Schreiben bei dir angefangen?
Drew Pearce: Ein genauer Zeitpunkt lässt sich in meinem Fall schwer festlegen. Eigentlich startet man ja bereits in der Schule damit. Später war ich dann als Musiker unterwegs [in der Band Woodchuck, Anm. d. Red.] und habe an Comedy-Produktionen mitgearbeitet. Wirklich professionell habe ich mit dem Schreiben aber erst vor zehn Jahren begonnen, als ich angefangen habe, für das britische Fernsehen zu schreiben und parallel verzweifelt versucht habe, Filme auf den Weg zu bringen. Innerhalb der letzten vier Jahre habe ich mich dann immer weiter von englischen TV-Produktionen entfernt und in den USA Filme gemacht.
Wie bist du ins TV- beziehungsweise Filmgeschäft gekommen?
Drew Pearce: Ich hatte Ideen und wollte diese mit meinen Freunden verwirklichen. Ich bin der Meinung, das ist die beste Voraussetzung, da man nicht zwangsläufig eine Autorenkarriere im Sinn hat, sondern etwas Kreatives erschaffen möchte. Ich habe mich dann als Autor und Regisseur für kleinere Projekte von Freunden verdingt. Den Durchbruch habe ich dann mit "No Heroics" geschafft. Eine Story über erfolglose Superhelden, die im Jahr 2008 ausgestrahlt wurde, nachdem ich zwei Jahre an ihr gearbeitet hatte. Während die Briten die Serie in erster Linie als Comedy-Format aufnahmen, sah Hollywood darin primär den Superhelden-Aspekt. So kamen die Dinge ins Rollen.
Greifst du beim Schreiben auf eine bestimmte Methode zurück und wie hat sich diese verändert?
Drew Pearce: Ich bin der Ansicht, dass man es sich als Autor selbst schuldig ist, seinen Stil konstant zu erweitern. Auch wenn es Ausnahmen gibt, die ihre ganze Karriere an ein und demselben Stil festhalten wie Wes Anderson, der ein tolles Beispiel für einen Künstler ist, der oft einen ähnlichen Ansatz verfolgt, ihn jedoch immer in eine andere Richtung manövriert. Ich persönlich bin in verschiedenen Genres unterwegs. Alles, was ich schreibe, bewegt sich allerdings in einer Triangel mit SciFi inklusive Superhelden, Crime und Comedy als Eckpunkten. Außerdem sollte es immer das Ziel sein, dass sich das letzte Skript immer wie das beste anfühlt.
Darüber hinaus habe ich glücklicherweise mit einigen super Autoren und Regisseuren zusammengearbeitet und dadurch mehr gelernt als man in einer Autorenschule oder alleine jemals lernen könnte. Beispielsweise von "Iron Man 3"-Regisseur Shane Black habe ich in einem Monat mehr gelernt als in Jahren des alleinigen Schreibens.
Du arbeitest ja als Autor, Produzent und Regisseur – welcher Job macht am meisten Spaß?
Drew Pearce: Ich ziehe die Kombination Schreiben/Regie führen dem alleinigen Produzieren vor. Am besten ist es aber immer noch, alle drei Jobs auf einmal zu machen, denn nur dann hat man die Möglichkeit, ein Projekt maßgeblich zu prägen. Ich habe über die Jahre gelernt, dass der Erfolg eines Films nur nur zu einem Prozent von der Idee dahinter abhängt. Die restlichen 99 Prozent werden von der Art und Weise bestimmt, wie die Idee umgesetzt wird. Und wenn man als Autor, Regisseur und Produzent gleichzeitig fungiert, kann man seinen eigenen Stil wahren.
Wie war deine Reaktion als Marvel das erste Mal angerufen hat?
Drew Pearce: Das erste Mal habe ich mit Marvel zusammengearbeitet, um den "Runaways"-Comic als auf die Leinwand zu bringen. Ich hatte deshalb in den USA ein Meeting mit Marvel, in dem sie mir offerierten, den Film zu machen. Allerdings war ich als Regisseur, nicht als Autor vorgesehen, was mich etwas enttäuscht hat. Ich wollte dann eigentlich nach Hause fliegen, war durch einen Vulkanausbruch aber dazu gezwungen, in den USA zu bleiben. Am nächsten Montag riefen sie mich dann an und erzählten mir, einer der 20 Autoren sei abgesprungen. Da ich sowieso ein riesiger Fan der Comicvorlage war, habe ich natürlich sofort zugesagt. Im Laufe der Zeit wurde das Team aber immer weiter geschrumpft und das Projekt schließlich auf Eis gelegt. Trotzdem habe ich durch diesen Vulkanausbruch den Fuß in die Tür gekriegt. Deshalb heißt meine Produktionsfirma auch Nice Volcano. (lacht)
Wie kam es dazu, dass du den Marvel-Kurzfilm All Hail The King inszeniert hast?
Drew Pearce: Ich habe ja innerhalb der vergangenen vier Jahre recht eng mit Produzent Kevin Feige und dem Rest des Marvel-Teams an diversen Projekten gearbeitet. Währenddessen brachte ich immer mal wieder die Idee ein, einen Marvel One Shot [Kurzfilme, die auf Blu-ray-Versionen anderer Marvel-Filme erscheinen, Anm. d. Red.] zu machen. Ich habe also mehrere geschrieben und vorgeschlagen, im letzten Sommer hat es dann endlich geklappt.
Hattest du erwartet, dass Sir Ben Kingsley erneut den Mandarin spielen würde?
Drew Pearce: Es ist tatsächlich so, dass "All Hail The King" [erscheint auf der Blu-ray von Thor: The Dark Kingdom, Anm. d. Red.] erst möglich wurde, da Sir Ben den Mandarin erneut spielen wollte. Und obwohl ich wusste, dass er mitmachen würde, wusste ich nicht, ob er mein Skript mögen und auch nicht, ob es terminlich klappen würde. Ich meine, Sir Ben ist ein 70-jähriger Mann, der ganze sieben Filme in den letzten anderthalb Jahren gedreht hat. Trotzdem hat er sich die Zeit genommen, für zwei Tage nach L.A. zu kommen und in der brütenden Hitze in einem leerstehenden Frauengefängnis diesen Film zu drehen. Darüber hinaus hat er den Dreh quasi für umsonst durchgezogen, nur weil er das Skript mochte – was verdeutlicht, wie viel Energie und Liebe er für das aufbringt, was er tut. Ich hege wirklich großen Respekt für diesen Mann.
Wann können wir denn mit dem ersten Spielfilm von Drew Pearce rechnen?
Drew Pearce: Ich habe mir für dieses Jahr auf jeden Fall fest vorgenommen, meinen ersten langen Film zu drehen. Ich werde entsprechend weniger Arbeit für die großen Franchises leisten können. Aber "All Hail The King" hat mir eben erneut aufgezeigt, wie viel Spaß es macht, ein eigenes Projekt zu verwirklichen. Deshalb ist das gerade mein Fokus. Sollte ich in den nächsten zwei Jahren trotzdem komplett scheitern, habe ich immer noch "All Hail The King", auf den ich mächtig stolz bin. (lacht)
Welcher ist dein All-Time-Favorite unter den Superhelden?
Drew Pearce: Das ist eine interessante Frage, denn die Wahl hat sich im Laufe der Jahre immer wieder geändert. Als Jugendlicher fand ich die düsteren Helden wie Batman und Wolverine am besten. Vor allem in letzterem habe ich mich als Teenager während meiner launischen Phasen irgendwie wiedererkannt. Jetzt im Moment sagt mir Matt Fractions und David Ajas Hawkeye am meisten zu. Mich fasziniert seine lebensmüde Art. Hawkaye ist immer irgendwie schlecht drauf und ist seines Jobs überdrüssig, kommt aber gleichzeitig seiner Pflicht nach, anderen zu helfen. Ich fühle mich manchmal wie eine wesentlich weniger heroische Version von ihm.
Welchen Stellenwert nehmen Comics bei dir privat ein, bist du ein Sammler?
Drew Pearce: Das ist witzig, denn während ich die letzte Frage beantwortet habe, bin ich meine Sammlung im Geiste durchgegangen. Ich habe tatsächlich ganze Schränke voll mit Comics. Die Comics der letzten 20 Jahre habe ich ungeordnet in Boxen gepackt. Hier in meinem Büro habe ich rund 2.000 Exemplare, vielleicht sogar mehr. Du siehst, Comics nehmen einen wirklich hohen Stellenwert ein. Ich habe nie zwischen einem guten Buch und einem guten Comic unterschieden. Beides hat mich gleichermaßen als Autor beeinflusst.
Bild: getty images/entertainweb
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26.03.2014
- Stefan Mayr
Der Iron Man 3-Autor
Drew Pearce im Interview: „Ich habe 2.000 Comics in meinem Büro“
Drew Pearce ist als Autor, Produzent und Regisseur vor allem für Marvel tätig, hat unter anderem das Skript zu Iron Man 3 geschrieben und plant gerade seinen ersten Spielfilm. Wir haben uns mit dem Comic-Fan über seine Anfänge, kommende Projekte und den Einstieg ins Autorenleben unterhalten.