Tarantino als Adjektiv? Hollwood-unlike
In The Hateful 8 macht Tarantino mal wieder gewaltig Theater. Ausnahmsweise nicht vor, sondern hinter der Kamera. Denn Kenner wissen, dass der Regisseur oft selbst in seinen Filmen auftaucht. Hier mal als Jimmie Dimmick in Pulp Fiction, da mal als Frankie in Django Unchained mit Kurz-Auftritt. Mit Tarantinos Filmen ist es wie mit Gefühlen: ihr Charme lässt sich schwer in Worte fassen. Was man aber beschreiben kann, ist Tarantinos Stilistik. Satirisch überzogene Gewaltszenen und Situationskomik sind für seine Filme ebenso bezeichnend wie wiederkehrende Schauspieler. Charakteristisch auch die Inszenierung des weiblichen Geschlechts. Wer Tarantino nicht begreift, sieht in seinen Filmen ein verachtendes Frauenbild. Frauen werden behandelt wie Kerle: beleidigt und geschlagen. Wer weiterdenkt, erkennt die feministische Komponente: Seine Frauen können all die Schläge aushalten, sind stark, stehen wieder auf und gehen nicht selten als Sieger aus der Schlacht hervor.Dialoge und Querverweise
Hervorstechend: Tarantinos Dialoge, die mit Fortschreiten der Handlung eine ungeheure Dynamik entwickeln. Konflikte spitzen sich über mündliche Auseinandersetzungen zu; Dialoge machen das blutige Gemetzel (zum Ende) eines jeden Tarantino-Films nachvollziehbar. Intelligent auch die Verwobenheit einzelner Filme – und sei es nur auf der Metaebene: So ist ein Handyklingelton aus Death Proof die Titelmelodie von Kill Bill und auch der Big Kahuna Burger taucht nicht nur in Pulp Fiction auf. Tritt seine Stimme dann noch als kommentierendes Voice-over wie bei The Hateful 8 auf, entschärft Tarantino so manch gewaltsame Szene und verleiht ihr eine Prise Ironie. Gewalt in Tarantino-Filmen – mit einem Augenzwinkern zu betrachten.Klar kann man dem Regisseur all das auch zum Vorwurf machen. Seine Dialoge: zu lang, nicht den Hörgewohnheiten unserer Zeit entsprechend, die Referenzen von Filmen untereinander zu einfallslos, ein Regisseur mit Auftritt in Form eines Voice-overs zu selbstdarstellerisch. Und doch müssen sich auch Kritiker eingestehen: In seiner Funktion als Autorenfilmer ist Tarantino eine (Hollywood-)Rarität. Bei allen wichtigen Stationen der Filmproduktion hält er die Zügel selbst in der Hand: beispielsweise in Sachen Regie und Schnitt, die seine Filme ausnahmslos wie aus einem Guss wirken lassen.