Der Höllentrip beginnt
Der stark tätowierte Garcia Hotspur lebt ein gefährliches Leben als Dämonenjäger. Sein einziger Ruhepol: Freundin Paula. Als der temperamentvolle Mexikaner eines Tages nach Hause kommt und seine Herzdame an einem Seil baumelnd im Schlafzimmer vorfindet, flippt er aus. Der Grund für die Misere: Höllenfürst Fleming will sich an Garcia für die Dezimierung der dunklen Armee rächen. So nimmt er Paula mit in die Unterwelt, um sie dort immer wieder zu töten und anschließend wieder auferstehen zu lassen. Also macht sich der Protagonist auf den Weg zur Hölle – und zwar derart brachial fluchend, dass Grayson Hunt aus Bulletstorm dagegen wie ein 13-jähriges Zahnspangenmädchen wirkt.
Ein treuer Begleiter
Doch Garcia ist nicht allein. Johnson, ein gefallener Dämon in der Gestalt eines fliegenden Totenkopfes, steht dem Protagonisten stets als Berater zur Seite. Praktisch: Alle neu erlernen Moves und Spielmechaniken, verewigt unser Partner in der sogenannten Johnsonpedia. Ein über das Pausemenü aufrufbares Lexikon, das alle im Spiel gesammelten Infos in aller Übersichtlichkeit auflistet. Nach dieser Erkenntnis geht’s endlich rein, ins Spielgeschehen von Shadows of the Damned. Und schon nach ein paar Minuten in der Haut des wütenden Dämonenjägers wird klar: das hier spielt sich wie Resident Evil 5, nur flüssiger und übersichtlicher.
Der Spieler blickt dem Protagonisten über die Schulter. Gegner visiert man mit der linken Schultertaste an, mit der rechten wird der Abzug betätigt. Und dem bedarf es nur zu oft. Denn: Garcia macht keine Gefangenen, sondern mäht alles, was sich ihm in den Weg stellt mit Knarre, Schrotflinte und Maschinengewehr nieder. Das macht zwar Spaß, allerdings wird’s auch stellenweise ob hoher Gegneranzahl mal unübersichtlich. Zum Glück steckt der Held einige Schläge ein, bevor er das Zeitliche segnet. Die Option, Waffen mit gesammelten Rubinen upgraden zu können, tröstet über die teils vermasselten Kämpfe hinweg. Übersichtlicher aber auch anspruchsvoller gestalten sich da die geschickt platzierten Bosskämpfe. Wer hier einfach drauf haut, ohne die richtige Taktik anzuwenden, macht keinen Stich. Und genau das macht das Auflehnen gegen die mächtigen Obermotze so interessant. Auch optisch eine Wucht. Gut gemacht, Shinji Mikami! Ganz recht, für die Bosse zeichnet sich niemand geringeres verantwortlich als der Resident-Evil-Schöpfer höchstpersönlich.
Mal was anderes
Etwas weniger packend, jedoch nicht minder anspruchsvoll wird’s, wenn die Unterwelt von Dunkelheit überrannt wird. Hält die Finsternis erst Einzug, muss der Spieler schleunigst einen der in der Spielwelt verstreuten leuchtenden Ziegenköpfe per Lichtkugel abknallen. Sonst ist die düstere Rettungsaktion nämlich schnell vorbei. Solche Minispiele und Schalterrätsel lockern das Spielgeschehen von Shadows of the Damned ungemein auf, ohne zu überfordern. Und sehen obendrein auch noch klasse aus. Zwar gibt’s hier keine Gesichtsanimationen wie in L.A. Noire und auch die Umgebung ist nicht ganz zeitgemäß, allerdings weiß das eigensinnige Design zu überzeugen. Knallige Farben, völlig überzeichnete, fast schon comichafte Umgebungen wie verlassene Häuser, Friedhöfe und Parks schaffen ein ganz spezielles Horror-Erlebnis und werden zu keiner Zeit langweilig.
Doch nicht nur optisch setzen Grasshopper Manufacture, das Entwicklerstudio um Goichi Suda, auf Abgedrehtes, sondern auch spielerisch. So füttert Garcia an Toren befestigte Baby-Köpfe mit Gehirnen um eingelassen zu werden, schießt Untoten alle möglichen Gliedmaßen ab und trinkt Hochprozentiges, um seine Gesundheit zu regenerieren – auch in der ungeschnittenen USK-Version. Darüber hinaus, sind die Konversationen zwischen dem Protagonisten und seinem Begleiter Johnson dank herrlich sarkastischem Humor derart unterhaltsam, dass einem das Lachen im Hals stecken bleibt. Authentische englische Sprecher und der Soundtrack von Silent-Hill-Komponist Akira Yamaoka erledigen den Rest der bizarren Atmosphäre.
Horror mit Witz
Technisch mag Shadows of the Damned nicht ganz auf der Höhe mit aktuellen Veröffentlichungen liegen. Allerdings schaffen es die Macher, einzigartiges Design mit Horror-Stimmung und rabenschwarzem Humor zu kombinieren, ohne dabei auch nur eine Sekunde aufgesetzt zu wirken. Im Gegenteil: Ein derart amüsantes und sarkastisches Abenteuer gab es bislang so gut wie noch nie. So hat Videospielkunst auszusehen!